Mittwoch, 3. März 2010

Zur Abwechslung etwas Politik

Sehr geehrter Herr Koppelin,

es hat mich äußerst bestürzt, von meiner Entsendeorganisation AFS darauf aufmerksam gemacht zu werden, dass die Vertreter der Regierungsfraktionen im Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestags, also scheinbar auch Sie, planen, den Etat für den entwicklungspolitischen Freiwilligendienst weltwärts des BMZ zu kürzen, bzw. nicht wie bislang geplant aufzustocken. Ihrer Biografie beim Bundestag entnehme ich, dass sie sowohl haushaltspolitisch verantwortlich, als auch im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit engagiert sind. Daher habe ich mich entschlossen, mich kurzfristig an Sie zu wenden, um Sie dazu zu bewegen, das gefasste Vorhaben zu überdenken.

Mein Name ist Johannes Fiukowski, ich bin für ein Jahr im Rahmen des weltwärts-Programms in Thailand im Einsatz. Hier in Kamphaeng Phet unterstütze ich die einheimischen Lehrer beim Englischunterricht an einer Sekundarschule. Die thailändischen Lehrer sind meines Erachtens pädagogisch gut ausgebildet, viele sind aber im Umgang mit der Englischen Sprache unsicher und daher für meine Unterstützung dankbar. Die Schüler bringen meinen Unterrichtsinhalten, aber auch meiner Person und meiner kulturellen Herkunft großes Interesse entgegen. Wie ich glaube, haben diejenigen Schüler, die sowohl die pädagogische Erfahrung der heimischen Lehrkräfte als auch meine Anregungen zur Unterrichtsgestaltung und Hinweise zur sprachlichen Richtigkeit genossen, in diesem Zeitraum einen erstaunlichen Lernfortschritt gezeigt, was mich auch ein wenig stolz macht. Im zweiten Halbjahr war das Englischverständnis der Schüler z. T. bereits so groß, dass ich einzelne Klassen allein unterrichten konnte, ohne thailändischen "Übersetzer". Schüler kamen gelegentlich von selbst auf mich zu, um das Gespräch zu suchen.

Im Gespräch mit den erfahrenen Lehrern hier hörte ich, dass die Englischausbildung an thailändischen Schulen ein vergleichsweise niedriges Niveau hat, gerade der Englischunterricht hänge weit hinter den anderen Fächern hinterher. Eine Beobachtung, die auch die europäischen Austausschüler teilten, die hier lernen. Aus unsicheren Englischschülern aber werden unsichere Englisch-Studenten und letztlich wieder unsichere Englischlehrer. Ein Kreislauf der nur durch Hilfe von Ausländern und natürlich fleißiges Lernen zu durchbrechen sei. Wie wichtig aber die Englischkenntnisse der jungen Generation für die Entwicklung, den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Fortschritt eines Landes wie Thailand ist, muss ich Ihnen sicher nicht weiter ausführen.
Gerade junge Freiwillige sind dazu besonders willkommen, weil sie oftmals das Interesse und den Ansporn der Kinder und Jugendlichen wecken. Dies zeigt mir auch meine eigene Erfahrung.

Die Erfahrungen, die ich in meiner Tätigkeit und meinem Privatleben hier - ich lebe mit einer Gastfamilie zusammen - gemacht habe, werden mich für mein Leben prägen. Ohne die Unterstützung des Bundesministeriums, dessen Haushalt Sie morgen beraten und beschließen werden, wäre dieser Einsatz mit diesem großen Gewinn nicht denkbar gewesen. Ich wünsche, dass auch in Zukunft eine zunehmende Anzahl junger Deutscher sich in diesem Programm in den unterschiedlichsten Projekten weltweit engagieren kann und mit ihren Eindrücken nach der Rückkehr auch unsere deutsche Gesellschaft bereichern kann. Die Investition in diesen Bereich lohnt sich für alle.

Ich hoffe, Sie mit meinen hier geschilderten Eindrücken zum gründlichen Überdenken der Kürzungs-Ideen angeregt zu haben
und verbleibe

mit freundlichen Grüßen



Johannes Fiukowki,

z. Zt. Lehrerassistent an der Kamphaengphet Pittayakom Schule, Thailand